Berufsverbot für „Selfie-Pfleger“?

Am 21.01.2016 wurde das Strafurteil gegen die fünf Krankenpfleger(-innen) ausgesprochen, hiernach haben sich alle Beteiligten strafbar gemacht und wurden entsprechend der Schwere ihrer Schuld verurteilt. Ein strafrechtliches Berufsverbot wurde zutreffender weise jedoch nicht ausgeurteilt, was teilweise auf Unverständnis stößt (so z.B. die Deutsche Stiftung Patientenschutz).
Für die Täter stellt dies allerdings nur einen Teil der Konsequenz dar, die sie aufgrund ihrer Handlungen zu tragen haben werden. Die zuständige Behörde prüft derzeit, ob gegen die Beteiligten auch ein Berufsverbot auszusprechen ist. Voraussetzung hierfür wäre, dass sie sich eines Verhaltens schuldig gemacht haben, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt, § 2 Abs. 1 Ziff. 2 KrPflG.

Dies wäre dann der Fall, wenn die Annahme begründet ist, dass die Täter nicht die Gewähr dafür bietet, dass sie in Zukunft ihre beruflichen Pflichten zuverlässig erfüllen werden. Zunächst einmal geht es bei einem ordnungsrechtlichen Berufsverbot also um die Frage, wie sich die Täter zukünftig verhalten werden und damit nur indirekt darum, die Tat selbst zu bestrafen. Das wurde schon durch das Strafgericht geregelt. Hier geht es also „nur“ um den Schutz des zukünftigen Patienten.

Mir selbst wäre der Gedanke unerträglich bei jedem Krankenhausaufenthalt und bei jeder OP fürchten zu müssen das entwürdigende Fotos von mir – noch schlimmer von Familienangehörigen oder Freunden - auftauchen, so dass ich mir emotional wünsche, dass so etwas nie wieder vorkommt.

Aber man muss auch sehen, dass es hier um die Zukunft von 5 jungen Menschen geht, die einen - wenn auch ekelhaften - Fehler begangen haben. Ein unbefristetes Berufsverbot stellt in diesem Zusammenhang auf der Klaviatur des präventiven Gesundheitsschutzes schon einen der allerhöchsten Töne dar. Völlig unproblematisch auszusprechen bei sog. Todesengeln, sexuellem Missbrauch oder sonstiger körperlicher Misshandlung. Da muss man ja nun einfach auch mal feststellen, dass zwischen den vorgenannten Vorwürfen und dem Verhalten dieser fünf Pfleger dann doch noch Welten liegen. Dennoch meine ich, dass das Verhalten der 5 deutlich zeigt, dass sie dem Leid, der von ihnen zu umsorgenden Menschen, nicht mehr mit dem notwendigen Mitgefühl und Empathie begegnet sind, sondern nur mit Spott und Hohn. Der Hippokratische Eid ist zwar leider schon länger nur noch eine hohle Phrase in Zeiten der andauernden Gewinnmaximierung und Prozessoptimierung im Gesundheitswesen, das darf aber dem Einzelnen nicht zur Entschuldigung für derartige Entgleisungen dienen, da wir ansonsten diese Ideale nur immer noch weiter aushöhlen.

Es ist also wichtig, hier nicht einfach pauschal zu urteilen, sondern tatsächlich den Einzelfall zu prüfen und bei jedem Einzelnen genau hinzuschauen, was diesen bewegt hat, sich hieran zu beteiligen und wie er sich auch danach verhalten hat. Leider habe ich das Strafverfahren nicht direkt verfolgen können, sondern habe es nur über die Berichterstattung nachlesen können. Wenn diese korrekt ist, waren Einige geständig und haben wohl auch eingesehen was ihre Taten für ihre Opfer bedeuten und welches Leid sie durch ihre Scherze über diese gebracht haben.

Mir würde es schwerfallen, dem wahrhaft-reuigen Sünder ein für alle Mal zu verbieten weiter als Pfleger zu arbeiten. Insbesondere wäre so jemand möglicherweise auch in Zukunft besonders sensibilisiert und könnte auch auf andere Kollegen einwirken, die ähnliche „Späße“ treiben. Das Problem ist hierbei das reine Lippenbekenntnis von der ernsthaften Reue zu unterscheiden.
Keine Bedenken gegen harte Maßnahmen hätte ich allerdings dem Täter gegenüber, der versucht, seinen Kopf über eine angebliche Einwilligung der Opfer aus der Schlinge zu ziehen. Selbst wenn es tatsächlich so gewesen wäre, hätte gerade er als Pfleger wissen müssen, was eine solche Einwilligung von dementen oder unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln stehenden Menschen wert ist. Dass er es trotzdem als Verteidigung vorbringt zeigt, dass er überhaupt keine Einsicht in das Unrecht seiner Tat besitzt, was er da getan und wie schwer er Menschen damit verletzt hat.

Jemanden der derart verroht und zynisch auf seine eigenen Taten zurückblickt zeigt deutlich, dass er nicht über die charakterliche Eignung verfügt weiterhin als Krankenpfleger zu arbeiten.

Durch dieses Handeln hat er eine derart geringe Wertschätzung der ihm anvertrauten Menschen offenbart, dass die Annahme ausgeschlossen erscheint, dass er seine Pflichten bei der Ausübung des Berufs als Krankenpfleger unter Zurückstellung auch dringender eigener Bedürfnisse gewissenhaft erfüllen wird. Eine Unzuverlässigkeit wäre hier fraglos anzunehmen.

Für die Opfer und deren Angehörige mag es trotzdem nur ein kleiner Trost sein, sollten Berufsverbote ausgesprochen werden, auch Bewährungs- und Geldstrafen erscheinen manchen wahrscheinlich zu mild. Hier bleibt letztlich nur noch ergänzend der Weg die eigene Ansprüche aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend zu machen. Schmerzensgeldansprüche dürften fraglos gegen die Schädiger bestehen und mithin unproblematisch geltend gemacht werden können.

[RA Rennen]

 |  von RA Uli Rennen