Der Fahrer meines Autos hat keinen Führerschein – Was kann passieren?

Wer keinen Führerschein oder (juristisch besser) keine passende Fahrerlaubnis hat, darf auf öffentlichen Straßen kein Auto fahren – das weiß jedes Kind. Wer es trotzdem tut, macht sich in der Regel wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar.

Aber was ist mit demjenigen, der dem Fahrer das Auto überhaupt erst zur Verfügung gestellt hat?

Auch hierfür sieht das Gesetz in § 21 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 StVG unter Umständen eine Strafe vor, dann nämlich, wenn der Fahrzeughalter vorsätzlich oder fahrlässig das Führen des Kraftfahrzeug durch einen Fahrer ohne Fahrerlaubnis anordnet oder zulässt. An dieser Stelle verwundert es zwar nicht, dass derjenige, der entgegen der sicheren Kenntnis, dass der Fahrer seines Fahrzeugs keine Fahrerlaubnis besitzt, und damit vorsätzlich die Fahrt zulässt oder sogar anordnet, eine Strafe zu befürchten hat.

Die Strafbarkeit des Fahrzeughalters ist aber auch schon bei fahrlässigem Verhalten, d.h. bei einer Sorgfaltspflichtverletzung des Halters, gegeben; dann nämlich, wenn keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen wurden, sich beim Fahrer vom Besitz der Fahrerlaubnis zu überzeugen. Welche Probleme sich hieraus in der Praxis ergeben, zeigt der folgende Fall:

Herr Müller hat einen Handwerksbetrieb und beschäftigt mehrere Mitarbeiter, welche auch unter Umständen die Firmenfahrzeuge zu den einzelnen Baustellen fahren sollen. Aufgrund der spontanen Erkrankung eines Mitarbeiters, der üblicherweise den Firmentransporter fährt, ordnet Herr Müller als Chef an, dass heute Herr Meier den Firmentransporter zur Baustelle fahren soll. Er fragt Herrn Meier, ob er einen Führerschein hat, was dieser bejaht. Aus der Zeit vor der Festanstellung wusste Herr Müller auch, dass Herr Meier als selbstständiger Handwerker stets mit einem eigenen Transporter gefahren ist.
Auf dem Weg zur Baustelle wird Herr Meier von der Polizei kontrolliert, die feststellt, dass Herrn Meier vor einiger Zeit die Fahrerlaubnis wegen einer Alkoholfahrt entzogen wurde. Gegen Herrn Müller wird sodann ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Duldens oder Anordnens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis eingeleitet. Er bekommt Post von der Polizei.

Leider hat sich in der Rechtsprechung die Meinung durchgesetzt, dass der Inhaber eines Unternehmens bzw. der Fuhrparkleiters sich vor Antritt der Fahrt den Führerschein des Mitarbeiters, der ein Firmenfahrzeug fahren soll, zeigen lassen muss. Tut er das nicht, spricht zunächst einmal viel dafür, dass er fahrlässig im Sinne von § 21 Abs. 1 Nr.1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 StVG gehandelt hat. Diese Hürde kann er nur überwinden, wenn er sichere Kenntnis davon hatte, dass der Fahrer eigentlich im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. Durch diese Einschränkung soll folgendes vermieden werden: Ein Mitarbeiter, der beispielsweise im Außendienst tätig ist, verliert während des Arbeitsverhältnisses seine Fahrerlaubnis. Hier kann der Arbeitgeber nicht verpflichtet sein, sich vor jeder einzelnen Fahrt immer wieder den Führerschein zeigen zu lassen, da dies die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht übersteigen würde und auch schlichtweg nicht praktikabel wäre. Das einmalige Kontrollieren zu Beginn des Arbeitsverhältnisses reicht deshalb aus. Ob die Kenntnis davon, dass der Mitarbeiter vor Beginn des Arbeitsverhältnisses auch schon während einer selbstständigen Tätigkeit stets ein (eigenes) Fahrzeug geführt hat, zur Wahrung des Sorgfaltspflicht und damit für die Widerlegung des Fahrlässigkeitsvorwurfs ausreicht, ist eine interessante Frage, die bislang in der Rechtsprechung nach meiner Kenntnis noch nicht geklärt wurde.

Besondere Sorgfaltspflichten können sich aber auch dann ergeben, wenn der Fahrzeughalter zwar weiß, dass ein Verwandter über keine Fahrerlaubnis verfügt, dieser aber ohne Wissen des Fahrzeughalters mit seinem Auto durch die Gegend fährt, weil er sich beispielsweise einfach den Fahrzeugschlüssel nimmt. Bei einer erstmaligen Auffälligkeit wird der Fahrzeughalter sich noch herausreden können, indem er behauptet, der Fahrer habe den Schlüssel ohne sein Wissen an sich genommen. Kommt es aber zu wiederholten Fahrten, kann es die Sorgfaltspflicht gebieten, dass der Fahrzeughalter besondere Vorkehrungen trifft, damit der Fahrer nicht an den Schlüssel des Fahrzeugs gelangt; beispielsweise indem er den Schlüssel gesondert unter Verschluss nimmt.

Wie so häufig sind Details und Besonderheiten des Einzelfalls dafür verantwortlich, ob ein Strafverfahren befürchtet oder aber auch abgewandt werden kann. Der Betroffene sollte sich deshalb unbedingt anwaltlich beraten lassen, bevor er selbst in dem Verfahren Stellung bezieht, um mithilfe seines Rechtsanwalts noch einmal um mögliche strafrechtliche Konsequenzen herum zu kommen.


RA Bödeker

 |  von RA Bastian Bödeker